Doch bevor man sich nun in Tübingen womöglich an die Kreation von Stifts-Bier oder Hegel-Keksen macht, ist eine kleine `Betriebsprüfung' angesagt. So ähnlich die Produktpaletten der Uni-Shops sind, so verschieden können nämlich die Konzepte und die dahinter stehenden Ideen sein.
"Imageverstärkung`` nennt Rudolf-Werner Dreier, Pressesprecher der Universität Freiburg, als Ziel. Entsprechend dieser Akzentsetzung auf Au▀enwirkung befindet sich der Shop mitten in der Stadt und mitten in einem anderen Laden, einer Buchhandlung. Den Vertrieb hat - abgesehen vom Uni-Wein - eine Profi-Firma in die Hand genommen. Sie bezahlt einen Pauschalbetrag und einen kleinen prozentualen Anteil vom Verkaufsgewinn gegen das Nutzungsrecht am Uni-Logo.
Ganz anders angedacht ist dagegen der Heidelberger Uni-Shop. Albrecht Bayer, stellvertretender Leiter des Akademischen Auslandsamts, will den erhofften Gewinn in den Aufbau eines Netzes ausländischer Absolvent(inn)en stecken, also gewisserma▀en zurückführen in eine international gedachte `Corporate Identity'. Entsprechend liegt der Shop im Universitätsgebiet und zwar mitten im Touristenstrom in der Nähe des Karzers. Bayer hält den Vertrieb selbst in Händen, allerdings nicht nur aus Gründen der Gewinnmaximierung. Ihm liegt daran zu klären, "inwieweit eine öffentliche Einrichtung gleichzeitig ein Hersteller sein kann und darf.`` Das wäre dann tatsächlich ein Schritt in Richtung `Universitas GmbH'.
Unter den insgesamt 15 Ma▀nahmen findet man neben mittlerweile Gängigem wie Werbung in Universitätspublikationen, Vermarktung des Signets oder Vermietung von Räumlichkeiten für Film und Fernsehen auch Überraschendes. Quasi in Umkehrung der Uni-Shop-Idee wollen die Kölner auswärtige Geschäfte auf ihren Campus holen. Bei der Umsetzung sto▀en sie aber auf das gleiche Dilemma: Soll und darf man das unternehmerische Risiko selbst tragen oder mu▀ man es - mit weniger Profit - den Profis überlassen?
Wem es also bei der Vorstellung von einem Mountainbike-Geschäft auf der Morgenstelle, einem Second-Hand-Shop im Neuphilologikum oder einem Reformkost-Laden in der Neuen Aula graust, kann sich erstmal beruhigt zurücklehnen. Möglicherweise werden nämlich die Gerichte entscheiden müssen, was sich die Universitäten leisten dürfen, wenn sie sich etwas leisten wollen.
Schlagzeilen machte auch der letzte Sponsoring-Coup der Universität: Die Firma Mannesmann finanziert ihr den Lehrstuhl für Mobilfunk. Beide Partner erhoffen sich dadurch Fortschritte in allgemeinen Forschungsthemen, die die Kapazität der Firma überschreiten und daher der Infrastruktur einer Hochschule bedürfen - z.B. die Gesundheitsprüfung von Handys. Doch solche Erfolge könnten auch eine Kehrseite haben. Was wird, wenn ein Unternehmen auf diese Weise `Outsourcing', die billige Auslagerung eigentlich firmenspezifischer Forschung und Ausbildung, betreiben will? Dagegen schützt wohl nur der genaue Blick auf die jeweilige Unternehmensphilosophie und differenziertes Aushandeln der gegenseitigen Interessen.
Sicherlich, im Gegenzug kann der Sponsor einiges an Einsatz für sich selbst erwarten. Um das Schillern zwischen gegenseitiger Kommunikation und einseitiger Vereinnahmung in den Griff zu kriegen, empfiehlt Korfmann die Entwicklung eines "inneren Programms``, in dem die eigenen Grenzen und die des Projektes festgelegt werden. So lehnt er es z.B. ab, Troia in den privaten Medien zu 'verkaufen'.
Zudem sorgt ein ganzes Netzwerk von Unterstützern dafür, da▀ das Troia-Projekt nicht weitgehend industrieabhängig wird: Es reicht vom Tübinger Universitätsbund über die international organisierten `Freunde von Troia' bis zu Einzelpersonen wie dem amerikanischen Verleger Jim Ottaway.
Aufgrund dieser Mischung aus Wissenschafts-, Wirtschafts- und Liebhaberinteressen kann Korfmann sicher zu Recht sagen: "Der Kern des Troia-Projekts ist der Idealismus``. Trotzdem - oder vielleicht sogar deswegen - bleibt es finanziell abhängig von einer verlä▀lichen Grundausstattung. Erst jüngst mu▀te das Geschenk mehrerer Computer ausgeschlagen werden, weil kein Geld für füher einmal fest zugesagtes professionelles Bedienungspersonal aufzutreiben war. So könnten die staatlichen Sparma▀nahmen - nicht nur für dieses Projekt - einen unerwünschten Domino-Effekt bewirken: Eine löchrige Infrastruktur schreckt potentielle Geschäftspartner ab.
Die gezeigten Aktivitäten können wohl kaum das Ein- und Auskommen der Alma mater sichern, doch ein zweiter Blick auf ihre Verkaufs-Ideen lohnt sich. Geschäfts-Sinn entwickelt sich nämlich vor allen Dingen dann, wenn durch die Öffnung der Universität für den Markt weitere gesellschaftliche Bereiche erschlossen und neue externe wie interne Bindungen geschaffen werden. Uni-Shops, öffentliche Werbung und verstärktes Sponsoring sind daher auch unter diesem Aspekt zu betrachten.
Wirtschaft, Industrie, aktive und ehemalige Studierende sowie weite Teile der nichtakademischen Bevölkerung sind nicht allein an der finanziellen Absicherung der Universitäten interessiert. Wie das Troia-Projekt zeigt, besteht durchaus auch `Nachfrage' nach den ideellen Gaben der Alma mater. Gerade die Geistes- und Kulturwissenschaften sollten zur Füllung dieser `Marktlücke' wesentlich aktiver werden.
Wenn also die Alma mater ihr Talent zur Geschäftsfrau weiter ausbaut und sich auf diesem Wege - zumindest ein bi▀chen - vom Vater Staat emanzipiert, kann sie eine überraschende Erfahrung machen: da▀ sie attraktiver ist als sie momentan glaubt.
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